Selbstgefälliges Russland-Bashing wird in Deutschland zunehmend unbeliebter

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Bevölkerung und zunehmend mehr Politiker fordern realistischere Betrachtung der Krise in der Ukraine

Fuck the EU“ befand Obamas wichtigste Europaberaterin Victoria Nuland in einem privaten Telefonat mit dem US-Botschafter in der Ukraine. In dem Telefonat ging es um den Wert diplomatischer Bemühungen, den Streit zwischen der ukrainischen Oposition und dem damaligen Machthaber Wiktor Janukowitsch zu beenden. „Fuck the Germanskönnte es bald heißen, wenn Deutschland weiterhin versucht, Realpolitik von antirussischer Propaganda unterscheiden zu wollen.

Dumm geschrieben: Aufs falsche Pferd gesetzt

Da half auch die tägliche Kolumne in der „Bild“ nicht weiter. Vitali Klitschko, Boxweltmeister und Gründer der kleinsten Opositionspartei, der „Udar-Partei“ , in Deutschland zweckdienlich aber fälschlicherweise als Oppositionsführer geadelt, durfte bisher in der neuen ukrainischen Regierung nicht mitspielen. Trotz größtmöglicher Propaganda Anstrengungen (Fototermin mit Merkel) blieb ihm dieser Weg verbaut.
Klitschkos Rolle wird in Deutschland überschätzt. Er wird als Figur kaum ernst genommen“ berichtet Marina Weisband, ehemalige politische Geschäftsführerin der Piratenpartei und gebürtige Ukrainerin auf „spiegel online“ aus Kiew.

Dumm telefoniert: Mit „Erschießung verdammter russischer Hunde“ wurde Grenze überschritten!

War Klitschko bei der Münchner Sicherheitskonferenz am 1. Februar 2014 noch der Star der antirussischen Welt und der mitgereiste, am 27. Februar zum Ministerpräsident der Ukraine gewählte Arsenij Jazenjuk dort nur Nebengeräusch, durfte Kitschko ab 6. März nur noch den Mitläufer geben. Der Star auf dem Dubliner Kongress der Europäischen Volkspartei (EVP) hieß Julija Timoschenko. Die frühere Regierungschefin der Ukraine, 2011 wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt, war Ende Februar aus der Haft entlassen worden und schickt sich an, erneut der Star der Ukraine zu werden. Doch auf ihrem Weg dorthin sollte sie nicht nur auf ihre Frisur sondern auch auf ihre Äußerungen achten.
Die frühere Anführerin der orangen Revolution hätte sich besser am abgehörten Telefonat von „Fuck the EU“-Nuland ein Beispiel genommen, und nur unverfängliche Gespräche geführt.

Dumme Wortwahl: Blutrünstige Präsidentschaftskandidatin

In einem Telefonat mit dem ehemaligen Vizechef des nationalen Rates für Sicherheit und Verteidigung, Nestor Schufritsch von Viktor Janukowitschs Partei der Regionen, hatte sich Timoschenko für die „Erschießung verdammter russischer Hunde“ ausgesprochen.
Ich bin selber bereit, eine Maschinenpistole in die Hand zu nehmen… um diese Hunde samt ihres Anführers kalt zu machen“ ließ Timoschenko ihrem Hass freien Lauf.
Ich würde all meine Beziehungen geltend machen und die ganze Welt erheben lassen, damit von Russland nur ausgebrannter Boden übrig bleibt“, sagte Timoschenko in einer am Montag bei YouTube veröffentlichten zweiminütigen Aufnahme. Timoschenko selbst bestätigte auf ihrer Twitter-Seite die Echtheit des Gesprächs, dessen Mitschnitt auch auf dem Internetportal vesti.ru abrufbar ist. (Quelle:RIA Novosti)

Da geht sie hin, die neue Hoffnungsträgerin einer demokratischen Ukraine
Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte am Mittwoch, bei aller Opposition zum russischen Vorgehen auf der Krim gebe es „Grenzen in Sprache und Denken, die nicht überschritten werden dürfen.“ Solche „Gewaltfantasien sind jenseits dieser Grenzen„, sagte Seibert, der im Namen von Kanzlerin Angela Merkel spricht. (Quelle: spiegel online)

Und fügte an anderer Stelle an:“Für die Bundesregierung gilt: Russland ist eine wichtige Kraft in Europa und darüber hinaus auch bei der Bewältigung globaler Probleme.“
Damit relativierte die Bundesregierung eine Aussage des amerikanischen Präsidenten Obama der auf dem Gipfeltreffen für nukleare Sicherheit in Den Haag das größte Land der Welt als „Regionalmacht“ verhöhnte. Beobachter bezeichnen diese Aussage als Obamas Nachricht an die Heimat, in dem er Putin kleiner machte um selber größer zu erscheinen.

Dumm gelaufen: Die Deutschen denken zunehmend abweichlerisch

Sehen viele Deutsche einer Umfragen zufolge den Westen bei der Ukraine-Krim- Krise als Mitverantwortlichen, bekommen sie nun auch Unterstützung aus der heimischen politischen Ecke (Nur nicht aus der grünen)
Das russische Vorgehen auf der Krim hält Altkanzler Helmut Schmidt für „durchaus verständlich“. (Wochenzeitung „Die Zeit“) und der stellvertretende CSU-Vorsitzende Peter Gauweiler kritisiert den Kurs der Bundesregierung im „Stern“ als „gefährliche Kraftmeierei“, wobei der Westen Russland ständig frustriert habe.

Abseits aller Propaganda und Meinungsbekundungen wird das in diesem Konflikt erkennbar aufgebrochene traditionelle Denken in Deutschland sichtbar: Nur weil man aus Wladimir Putin derzeit nicht schlau wird, wird Russland nicht automatisch negativ und die fast bedingungslose Gefolgschaft für die Sichtweisen der USA nicht nur positiv gesehen.

Das Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Gauck dabei mit ihrer an Russenphobie erinnernden Haltung (Olympische Winterspiele in Sotschi) keine wirkliche Orientierung bieten, macht die Einordnung dieser „europäischen“ Herausforderung für die Deutschen nicht leichter.

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Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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